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Es weihnachtet sehr - Weihnachtslieder für Gitarre arrangieren


Gerade in der nun anstehenden Weihnachtszeit wird man als Musiker gerne gebeten, eines oder mehrere Weihnachtslieder vorzutragen, sei es im Familienkreis oder bei einer Weihnachtsfeier.
Für viele unserer (musikalisch unbedarften) Mitmenschen ist es selbstverständlich, dass jeder, der ein Instrument halten kann, auch solistisch ohne große Vorbereitung ein Stück vortragen kann.
In Liederbüchern sind Weihnachtslieder notiert als Melodien mit Akkorden. Für die Mehrheit von uns Gitarristen stellt es kein großes Problem dar, entweder die Melodie oder die Akkorde zu spielen.
Aber beides gleichzeitig?!

Weihnachtsbild Gitarre klein

Klar, man kann das Lied singen und dazu die Akkorde spielen.
Aber wäre es nicht erstrebenswert, beides auch verbinden zu können, wie wir es von Pianisten kennen?!
Auf dem Klavier ist es auch für wenig Geübte kein großes Problem, ein Stück mit Melodie und Akkorden zu spielen.
Die eine Hand spielt man die Melodie, die andere übernimmt die Akkorde.

Wir Gitarristen brauchen hingegen schon beide Hände, um einen Akkord zu spielen. Das macht es ungleich schwerer, ein Solo-Arrangement mit Melodie und Akkorden gleichzeitig zu realisieren.

Daher möchte ich dir heute ein relativ einfaches Konzept vorstellen, Lieder ohne allzu große Vorbereitungszeit alleine auf der Gitarre zu spielen.
Es handelt sich um eine Satztechnik, die z.B. auch oft für mehrstimmige Chorsätze zum Einsatz kommt:
Dreiklänge in weiter Lage.


Um Dreiklänge in weiter Lage zu verstehen, zeige ich dir zunächst, wie diese in enger Lage aussehen, hier am Beispiel des G-Dur-Akkords.
H (deutsch) = B (international)

„Enge Lage“ bedeutet, von der Reihenfolge in der G-Dur-Tonleiter ausgehend wird beim Bilden des Dreiklangs kein Akkordton übersprungen.
Drei in der Tonleiter benachbarte Akkordtöne werden auf drei benachbarten Saiten gegriffen.
Auf jeder Dreiergruppe von benachbarten Saiten gibt es beim Dreiklang drei mögliche Anordnungen, auch Umkehrungen genannt:

GHD, HDG oder DGH

Jeder der drei Dreiklangstöne (Grundton, Terz und Quinte) ist in einer der Umkehrungen der höchste Ton. Natürlich kann man jede Umkehrung auch eine Oktave höher oder tiefer spielen, daher zeige ich die Griffe hier in zwei Oktavlagen und damit auf verschiedenen Saitenkombinationen.

Durdreiklang in drei Umkehrungen (enge Lage)

Akkorde in weiter Lage erhalten wir nun, wenn wir ausgehend von der Reihenfolge in der Tonleiter jeweils den mittlere Ton eine Oktave nach unten versetzen.
Beginnend mit dem jeweils tiefsten Ton ergibt sich somit also:

HGD, DHG und GDH.

Diese Akkordvoicings heißen Dreiklänge in weiter Lage, weil diese nun jeweils einen großen (weiten) Tonabstand enthalten.
Auch hier sind drei Umkehrungen möglich, in denen jeweils ein anderer Dreiklangston der höchste ist.

Durdreiklang in drei Umkehrungen (weite Lage)

Diese Voicings lassen sich in alle Durdreiklänge in allen Tonarten übertragen. Die Griffe sind dabei immer dieselben, nur dass z.B. hier bei G-Dur enthaltene Leersaiten in anderen Tonarten natürlich u.U. gegriffen werden müssen.

Nun kommen wir zum eigentlichen Einsatzzweck dieses Konzepts.
Im Folgenden habe ich das Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ mit dieser Technik bearbeitet.

Das Lied ist relativ einfach gestrickt, so dass die Melodie auf die Zählzeit „1“ in jedem Takt ausnahmslos Akkordtöne enthält.
Diesen Umstand mache ich mir zunutze, indem ich den jeweils passenden Dreiklang einsetze. Ist der Melodieton beispielsweise der Grundton (G), setze ich die Akkordumkehrung ein, bei der der Grundton der höchste Ton ist. kommt in der Melodie die Terz zum Einsatz, setze ich die Umkehrung ein, bei der die Terz der höchste Ton ist.

Doch was machen wir mit Dominantseptakkorden?
Viele Lieder, und insbesondere auch Weihnachtslieder, enthalten neben Dreiklängen auch Vierklänge in Form von Dominantseptakkorden (z.B. hier D7).
Damit unser Arrangement „wie aus einem Guss“ klingt, bleiben wir beim dreistimmigen Satz. Wir vereinfachen D7 zu D, mit einer Ausnahme:

Ist die kleine Septime (C) der Melodieton, so können wir diesen nicht ignorieren. In diesem Fall wählen wir die Umkehrung aus, bei der der Grundton (D) der höchste Ton ist. Nun ändern wir aber den Akkord insofern ab, dass wir den Grundton einen Ganzton (zwei Bünde) erniedrigen und damit zur kleinen Septime C machen.
Klingt kompliziert? Schau dir mal „Stille Nacht“ in Takt 18 an! Damit die Melodie erhalten bleibt, habe ich hier D (1. Saite 10. Bund) durch C (1. Saite 8. Bund) ersetzt.

Beim Schlussakkord habe ich ausnahmsweise auf einen G-Dur in enger Lage zurückgegriffen, da in diesem tieferen Bereich aufgrund des begrenzten Tonumfangs der Gitarre kein Dreiklang in weiter Lage mehr möglich war.

Stille Nacht Soloarrangement

Dasselbe funktioniert natürlich auch mit Molldreiklängen.
Hier einmal in enger Lage:

Molldreiklang in drei Umkehrungen (enge Lage)

Auch die Dreiklänge in Moll lassen sich gut in weiter Lage spielen:

Molldreiklang in drei Umkehrungen (weite Lage)

Das zweite Weihnachtslied mit dieser Technik beinhaltet auch Moll-Akkorde „Leise rieselt der Schnee“.
Hier habe ich zur Abwechslung fast jeden Melodieton mit einem Dreiklang versehen.
Ausnahme: Ist einmal ein Melodieton kein Bestandteil des zugrunde liegenden Dreiklangs, so lasse ich an dieser Stelle den Akkord einfach weg.
Der Ton Gis im fünften Takt passt beispielsweise nicht zum D-Dur-Dreiklang. Klar könnte man die Stelle reharmonisieren, also einen Akkord „hinzudichten“. Da ich es hier aber einfach halten möchte, spiele ich den Ton eben nur einzeln.

Leise rieselt der Schnee Soloarrangement

Diese Arrangier-Technik nutzen viele Gitarristen, ob in klassischer Musik oder auch im Rock-Pop-Bereich.
Allerdings habe ich dazu noch nie eine systematische Anleitung gelesen. Ich bin darauf vor Jahren eher zufällig gestoßen:
Zum Inhalt meines Musikstudiums gehörte es auch, Lieder für Chöre zu arrangieren.
Da ich nicht mehrstimmig singen kann, spielte ich die fertigen Arrangements oft zur Kontrolle auf der Gitarre. Dabei fiel mir auf, dass ich diesen Sound schon des Öfteren von Gitarristen gehört hatte und dass die Griffe recht gut und einfach zu greifen waren.
Ohne dass ich das in der Folgezeit intensiv geübt hatte, setzte sich dieser Sound in meinen Ohren fest und die Dreiklänge in weiter Lage wurden durch gelegentliches Ausprobieren schnell zum Teil meines Repertoires.

Das dritte und letzte Weihnachtslied für heute, „Morgen kommt der Weihnachtsmann“, habe ich zur Abwechslung in der Tonart C-Dur notiert:

Morgen kommt der Weihnachtsmann

Nun ist es an dir: Ein solches Konzept lernt man, indem man es selbstständig auf möglichst viele verschiedene Lieder anwendet.
„Learning by Doing“ ist hier, auch wenn es abgedroschen klingen mag, der beste Weg. Alle Notenbeispiele findest du auch zum Herunterladen als PDF unter „
Materialien“.
Wenn du tiefer in die Akkord-Materie einsteigen und viele fortgeschrittene Begleitkonzepte für Gitarre kennenlernen möchtest, empfehle ich dir auch meinen Kurs „
Jazzakkorde für Gitarre“.